Die verbotenen Früchte der Bruderschaft

Die verbotenen Früchte der Bruderschaft

Die nächste Epsiode: Von Beijing nach Dingzhou, 200 Kilometer

Ein kurzer Zwischenstop am berühmten Pfirsichhain. Der Legende nach schworen sich hier die berühmten Persönlichkeiten des Shu Han Königreiches Guanyu, Liu Bei und Zhang Fei ewige Bruderschaft im Kampf gegen die Königreiche Wu und Wei. Dieser Schwur fand in einem Pfirsischhain statt, hier in Zhuozhou, in der Nähe der Stadt Gaobeidian. 
Ich stehe in einem Garten voller Pfirsichbäume und dem hölzernen Pavilion, der noch heute an den ewigen Schwur erinnert. Die Schilder im Garten weisen darauf hin, dass das Pflücken der Pfirsich nicht gestattet sei. Ich frage mich warum bloß… An dieser Stelle wiederholt sich die biblische Geschichte. Was für ein törichtes Exemplar eines Menschens ich doch bin.
Nur ein paar Minuten nachdem ich ein paar der Pfirsiche pflückte und verspeiste traf der Fluch der Bruderschaft in Form einer äußerst unangenehmen allergischen Reaktion auf mich ein. Binnen Minuten erstreckte sich ein flechtenartiger Ausschlag auf meiner Haut, dessen Juckreiz erst am Abend wieder abzuklimmen vermochte. Ich habe meine Lektion gelernt: Wer nicht zur Bruderschaft gehört, hat sein eigenes Obst mitzubringen.
Und als wäre das nicht genug, werde ich kurz darauf von einem platten Schlauch aufgehalten. Werde ich nun den Rest der Strecke bis nach Sanya Buße tun?
Mein Versuch in einer Apotheke im Etappenziel von Gaobeidian Vaseline für meine mittlerweile wundgescheuerten Oberschenkel zu erwerben endet in seltsamen Erklärungsversuchen. Ich gehe leer aus und mache mein frevelhaftes Verhalten im Pfirsichhain für die heutigen Miseren verantwortlich. 
Am nächsten Tag lerne ich auf dem Weg in die Stadt Baoding eine junge Krankenschwester kennen, die mit dem Fahrrad allein den ganzen Weg von Beijing gefahren ist. Die ganze Nacht ist sie durchgefahren, um rechtzeitig in ihrem Geburtsort anzukommen. Ich bin beeindruckt. Sie hat bestimmt den Pfirsichen widerstehen können.
Wenige Kilometer später treffe ich nach Baoding auch schlussendlich in der Stadt Dingzhou ein, wo ich mich an der historischen Architektur erfreue und  einen Eid schwöre: Nie wieder nährere ich mich den verbotenen Pfirsichen der Bruderschaft.
Amen,
Jörg

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.