Ein Land, eine Zeit. Oder nicht?

Ein Land, eine Zeit. Oder nicht?

China ist groß. Größer als Europa. Umso ungewöhnlicher ist es, dass es im gesamten Land lediglich nur eine Zeitzone gibt. Es ist andererseits aber auch keine so große Überraschung. Die Regierung, die Heimat von 56 Minderheiten ist und mit inländischen Konflikten fertigzuwerden hat, versucht alles zentral zu steuern und so viel wie möglich zu homogenisieren. In China auch die Zeit. So kommt es, dass Xinjiang, dieselbe Zeitzone wie die Landeshauptstadt Peking hat, obwohl es davon  soweit entfernt ist wie  London von Moskau.

An dieser Einheitszeit orientiert sich Verkehr, Öffnungszeiten und Verwaltung; außer, und das ist nur marginal ein Problem, die eigene Bevölkerung. Die haben einfach mal ihre eigene, inoffizielle Zeit statuiert, die 2 Stunden nach der „Roten Zeit“ geht. Darum weiß natürlich Peking und ärgert sich. Deswegen wird das mit der Einheitszeit auch nicht geändert, und der öffentliche Verkehr demnach auch nach Pekings Zeitzone geregelt. Klingt verwirrend, ist es auch. So haben wir denn angefragt, wann der Bus am Folgetag zum Karakul See (s.u.) fährt. Gewohnt knappe Antwort: “Um 9”. Am nächsten Morgen standen wir pünktlich an der Busstation. Aber der Bus war schon seit 2 Stunden weg.

Rätsel: Wieso?

Antwort: Weil wir unsere Uhren auf Xinjiangs Zeit umgestellt haben, und es somit in Xinjiang 2 Stunden früher ist, als in Peking. Da wir aber nicht wussten, dass der Verkehr auch innerhalb Xinjiangs nach Peking Zeit geregelt wird, war es in Wirklichkeit ja schon um 11 Uhr Peking-Zeit, der Bus im wahresten Sinne schon über alle Berge und wir hatten viel Zeit uns darüber zu ärgern 😉 

Rein sonnenzyklisch betrachtet ist natürlich eine Zeitzone für ein Land, das nur marginal kleiner ist als die Vereinigten Staaten von Amerika mit 6 Zeitzonen, völlig ungeeignet. Wenn im Sommer die Sonne erst 23.15 Uhr untergeht, dafür aber erst 8.30 wieder aufgeht ist das doch recht verschoben. Durch die Blume gesagt: Man darf also hitzig darüber diskutieren, ob das ohnehin schon gespannte Verhältnis der Minderheiten zur Majorität durch eine Zubilligung eigener Zeitzonen nicht gleichzeitig als erstes Zugeständnis gegenüber separatistischen Bewegungen gewertet werden könnte.

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