Sonnig mit Aussicht auf Sandsturm (und Regen)

Sonnig mit Aussicht auf Sandsturm (und Regen)

Wie stell ich mir ne Wüste vor? Meist sandig. Heiß. Ergo scheint  die Sonne recht stark und Wasser ist nur unzureichend vorhanden.  „Und?  War wohl nicht so?“ –„ Nein, so war es nicht !“, berichte ich jedem und hole tief Luft, die Geschichte zu erzählen…

Die Taklamakan Wüste liegt in Xinjiang.

Exkurs: Was’n dieses Xinjiang?

Eine Provinz, die am ganz nordwestlichen Ende Chinas an Kirgistan, Tadschikistan, Indien, Kasachstan, Pakistan,der Mongolei und Russland grenzt. Ist ne Menge. Demnach ist die Provinz neben der zahlenmäßig größten Minderheit, den Uighuren, auch noch von vielen anderen Minoritäten besiedelt.

 Jede Bevölkerungsgruppe hat eine eigene Geschichte, Tradition und, teils zum Leidwesen der Reisenden, eigene Sprache. Die Bevölkerung ist stark vom orientalischen Einfluss geprägt. Die Sprache der Uighuren lehnt sich sehr an die türkische Sprache an. Generell erinnert alles ein wenig mehr an Orient als an Papier-Schirmchen. Wer die Ente süß-sauer sucht, wird hier also auch nicht fündig. Dafür gibt’s guten Kabab (Lamm am Spieß) und Pilaf (Reispfanne).  Letztlich erwähnenswert ist die Tatsache, dass die Majorität in China und sowie auch in Xinjiang allerdings immer noch die Gruppe der Hanchinesen bleibt. Und genau deshalb gibt es schon seit geraumer Zeit immer wieder Spannungen.

Die Taklamakan ist die weltweit zweitgrößte Sandwüste mit über mehr als 330 000km² Größe,  weit über 100m hohen Dünen und natürlich ganz viel Sand. Der Name lautet übersetzt „Land der Pappeln“, weil es jene früher dort gab und sie vereinzelt dort immer noch stehen. Viel dramatischer find ich aber die ehemals falsche Übersetzung: „Begib dich hinein, und du kommst nie wieder heraus“ oder „Wüste des Todes“.  Warum ist das so?

Der Legende nach entführt der Geist der Taklamakan, eine atemberaubend schöne Jungfrau (dass sie Jungfrau ist hab ich mir jetzt dichterisch dazugereimt), junge Reisende in der Nacht aus deren Schlafstätte, und bittet diese mit ihr zu kommen. Vom Charme der holden Maid verführt, folgt man ihr so lange in die Weite der Wüste, bis sie dich am Ende einfach im Sand stehen lässt und du gar nicht weißt, was du eigentlich so richtig falsch gemacht hast. Na Mensch, das ist ja mal ne  ungewöhnlich moderne Legende! 

Temperaturen von über 40°C  am Tag sind mehr die Regel als Ausnahme. Gut dass auch im vom Wasser weitentferntesten Punkt der Erde Ausnahmen die Regel bestätigen. Im Jeep war es nämlich an diesem Tag, als ich in die Wüste fuhr, wärmer als draußen.

Bewaffnet mit massenhaft Essen, Knabbereien, Bier, Wein, Wasser stiefelten wir in diesen Sandkasten der unermesslichen Weite. Die Zelte wurden im Handumdrehen aufgebaut, der Proviant in einem Zelt gesichert und sich frenetisch aufs erste Wandern in der Wüste gefreut. Und weil die Euphorie so unermesslich groß war, ignorierten wir einfach die Staubwolken am Horizont und begannen uns vom Zelt zu entfernen…

20 Minuten später…

Ich kann nichts mehr sehen. Der Himmel sieht aus wie der Boden. Mein Gesicht wird vom feinen Sand geschmirgelt. Sand schmeckt jetzt auch nicht ganz so gut und ich entschließe mich zu meinen Gefährten zurückzukehren. Die waren noch vor 3 Minuten wenige Meter hinter mehr. Jetzt scheinbar nicht mehr.  Ich kehre  geduckt über die Dünen zurück zu den Zelten. Es vergehen gute 2 Stunden als der Sandsturm abflacht und wir entscheiden uns bei Bier und Wein das Abendbrot schmecken zu lassen. Alles in einem Zelt. Wie es der Zufall will zieht noch ein Sandsturm auf. Noch stärker und mit noch mehr Sand. „Just amazing how we are eating this tasty stuff and sitting in the tent, right?“  freut sich Swathi. Wir antworteten:„True, really atmoshperic with the sandstorm and the [plötzlich langsamer sprechend] tent. DAMN THE SECOND TENT!!!”  Tja, als wir hektisch herausspringen, und mit den Taschenlampen wild ums Zelt rennen müssen wir feststellen, dass das zweite Zelt wohl buchstäblich vom Winde verweht wurde. Und auch uns ist jetzt nicht mehr hübsch; um den Wind zu übertönen muss man schreien, das Bier schmeckt mit Sand im Mund wie Grießsuppe und an Schlafen ist bei der Stabiliät des Zelten und den gefühltetn 3 Eimern Sand im Zelt auch nicht zu denken. Zum Sandsturm gesellt sich jetzt auch noch Regen. Herrlich, so viele Naturschauspiele auf einmal!, denken wir uns heutzutage. Damals fanden wir das nicht ganz so dufte. Wir rufen den Fahrer an, der gemütlich am Rand der Wüste im Pickup schläft. Nach 30 Minuten erreicht er das Zelt und lacht erstmal herzlich. Über so viele Zufälle beginnen schließlich auch wir herumzualbern und tragen fröhlich musizierend das Zelt zu einem dichteren Randbewuchs. Die Nacht also sehr kurz, sandig und regenreich.

Am nächsten Morgen wanderten wir ein paar Stündchen durch die Wüste. Das Wetter wurde besser, aber das zweite Zelt blieb verschwunden. Nachdem wir aber gerade die Suche nach dem Zelt samt anderen Habseligkeiten aufgegeben haben, finde ich in einer Senke, halb im Sand verbuddelt, eine Kante unseres verloren geglaubten Zeltes.

[Ende]

Die Taklamakan. Wir sind nicht gestorben, aber wir konnten den Namen bestätigen, wenn auch nur mit Zusatz: Begib dich herein, und du kommst [vielleicht] nie wieder [mit deinem ganzen Gepäck] heraus.

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