Der Rebell von Xiahe und der gute Geist von Labrang
„Er“ ist Besitzer eines gut besuchten Hostels, hat einen interessanten Sinn für Humor und macht gern Spaß, spricht fließend Englisch und seine Handlungen wirken sehr überlegt. Gleichzeitig spürt man die klare, direkte Ausdrucksform. Sein Handgelenk ziert ein Rosenkranz und heute trägt er einen schwarzen Pulli mit großem Aufdruck: „Freedom!“ Er – Tibeter und Buddhist. Auf ein Foto muss ich hier aber gerade verzichten.
T. ist in Tibet aufgewachsen und hat seine Heimat früh verlassen um nach Indien zu gehen, International Relations zu studieren und sein Weltbild zu festigen. Ausgerechnet in Dharamsala, dem Ort, an dem sich der Dalai Lama gerade im Exil aufhält. Und „T“ ist zurückgekehrt. Dabei ist es nicht gerade ganz problemlos , als Tibeter so nach Indien ins Exil des Oberhauptes der Tibeter zu fahren, 4 Jahre zu studieren und dann seine Rückreise ins chinesische Festland zu beantragen. Doch irgendwie hat er es geschafft. Mit List. Denn er sei ja auch Chinese, sagt er lächelnd. „T“ duckt sich nicht vor dem Regime. Er lässt sich nicht einschüchtern. Trotz strenger Auflagen und stets patrouillierender Polizei trägt er sein „Free Tibet“- T-Shirt und redet mit uns lange Zeit inmitten der Lobby über seine Ansichten. Er nutzt Facebook über einen Proxy Server. Die Rede des Dalai Lama in Washington verfolgen wir über einen amerikanischen Internetstream. Sein aktuelles Buch, ein Report über die USA, macht gleich das erste Kapitel „Chinas Konflikte mit Amerika“ zum Thema. Wahrscheinlich ist der Rebell aber auch ein wenig zu offenherzig in seinen Handlungen. Eins steht jedenfalls fest: Er bewegt sich auf einem schmalen Grat. Und mein Blog auch, denn der Zugriff aus Festlandchina ist mittlerweile auch so sehr vom Aussterben bedroht sein, wie der chinesische Pandabär.
Die Auflage, keine Ausländer im Hostel nächtigenzu lassen, hat er für uns auch ausgehebelt. Denn in den Provinzen Xinjiang, Gansu und Qinghai gibt es die Auflage, keine Ausländer in besonders preiswerten Hostels schlafen zu lassen, zumindest nicht vorübergehend in der Zeit des 60. Jubiläums der Liberalisierung Tibets. Ob er auch an diese Auflage gebunden sei, fragen wir ihn. Er schätzt unseren Aufenthalt, antwortet er. Denn ich bin mit meinen indischen Freunden unterwegs. Und Indien gewährt dem Dalai Lama Zuflucht. Wir seien seine Freunde, und Freunde lädt man nunmal bei sich ein.
Der Grund unseres Aufenthaltes war jedoch das prächtige Kloster von Labrang, gelegen in Xiahe. Es ist eines der sechs großen Klöster der Gelugpa, eines Glaubenszweigs der buddhistischen Schule. Das Labrang Kloster ist das größte buddhistische Kloster außerhalb Tibets. Bis zur Klostermauer waren es vielleicht 50 Meter. An der das gesamte Kloster umsäumenden Mauer sind hunderte Gebetsmühlen angebracht. Pilger und Mönche umrunden täglich mehrmals das Kloster und drehen an jedem einzelnem Rad. Durch jede Rotation einer Gebetsmühle wird einem jedem Karmapunkte zugeschrieben.
Auch ich bin mit den Mönchen gemeinsam ums Kloster gelaufen, zwar ohne zu drehen, aber um mich mit dem ein oder anderem zu unterhalten. Eine gute Stunde dauert die Umrundung mit einem flotten Fuß. Erkunden und Spazieren braucht deutlich länger, ist aber die Zeit deutlich wert. So viele ausgeglichene Menschen wie in Labrang hab ich nur selten gesehen. Viele aufgeschlossene Menschen, viele interessierte Blicke aber kein Starren, viele gesprächsbereite Menschen. Labrang macht einen sehr entspannten Eindruck und verströmt eine positive Atmosphäre. Und sieht darüberhinaus auch noch majestätisch aus.
One Response
Solange Du nun nicht als ausländischer Verschwörer gesucht wirst, freu ich mich endlich mal wieder von Dir zu hören und wieder mal voll Staunen die Wunder zu bewundern, denen Du begegnet bist.